Drei Cyanotypien von verschiedenen Pflanzen
Florian Seifert / 02.11.2020

50 Shades of Blue - Eine Einführung in die Kunst der Cyanotypie

In dieser Artikel geht es um den Einstieg in das Edeldruckverfahren der Cyanotypie. Nach einem kurzen geschichtlichen Abriss geht es um ein detailiertes Rezept und den grobe Ablauf der zu einer fertigen Cyanotypie führt.

Die Geschichte der Cyanotypie

Cyanotypie, auch Eisenblaudruck genannt, ist ein altes fotografisches Edeldruckverfahren mit blauen Farbtönen. Die Cyanotypie wurde 1842 von Sir John Herschel entwickelt und ist eines der ältesten fotografischen Verfahren. Herschel fiel auf, dass fast alle Metallsalze fotosensitiv reagieren
und wasserunlöslich sind. Im Gegensatz zum heute noch gebräuchlichen Silbersalz-Film besteht die Cyanotypie aus lichtempfindlichen Eisensalzen. Eisensalz ist deutlich lichtunempfindlicher als der klassische Analogfilm, dafür aber ungiftig und einfach zu verarbeiten.
 
Diese Lichtunempfindlichkeit sorgt für sehr lange Belichtungszeiten, sorgt aber auch dafür dass man ohne Dunkelkammer bei gedimmten Licht arbeiten kann.

Übersicht mit drei Cyanotypien

Die lichtempfindliche Chemie

Für die lichtempfindliche Chemie benötigen wir zwei Lösungen:

  • Lösung 1: 20 Gramm Ammoniumeisen(III)-Citrat + 100 ml destilliertes Wasser bei ca. 25°C
  • Lösung 2: 8 Gramm Kaliumhexacyanoferrat(III) + 100 ml destilliertes Wasser auf ca. 50°C erhitzt

Die Chemie ist zwar nicht giftig, verfärbt aber die Haut und jedes andere Material blau. Handschuhe sind zu empfehlen.

Cyanotypieflecken lassen sich mit 10g Vollwaschmittel auf 10ml Wasser entfernen. Bei  hartnäckigen Flecken die Waschmittellösung einfach einige Minuten einwirken lassen.
 
Beide Lösungen werden zusammengekippt und sind danach lichtempfindlich und müssen vor direktem Sonnenlicht geschützt werden. Als Gefäß eigenen sich lichtdichte braue Apothekerflaschen oder auch kleine lichtdichte Thermosflasche.

Eine Cyanotypie vom Operngebäude in Halle Saale

Das Trägermaterial

Ein geeignetes Trägermaterial (Papier, Leinwand, Baumwolle etc.) wird mit der fertigen Chemie beschichtet.

Dazu eignen sich vor allem Stempel oder Pinsel.

Je sparsamer das Papier beschichtet wird, desto kürze sind die Belichtungszeiten, desto heller und konstrastarmer ist aber auch der Blauton.
Das Papier wird im Anschluss getrocknet und bis zur Belichtung im Dunkeln gelagert.

Zwei Cyanotypien vom Leipziger Turm in Halle

Die Belichtung

 
Da die Belichtung durch UV-Licht erfolgt eignen sich dafür  im Prinzip alle Lichtquellen die UV-Licht abgeben. Starke Lichtquellen verkürzen die Belichtungszeit dabei erheblich. Sinnvolle Lichtquellen sind starke UV-Strahler (500W-UV oder 100W-UV-LED) oder die Sonne bei klarem Himmel. Die Belichtungszeit beträgt dann wenigen Minuten, kann aber bei schwachen Lichtquellen (bewölkter Himmel, Gesichtsbräuner, Beamer) auch mehrere Stunden dauern. 

Die genaue Belichtungszeit wird entweder nach Sicht oder durch Teststreifen ermittelt.
 
Bei der Belichtung verfärbt sich die gelbliche Chemie zuerst grün bis blau. Die nichtbelichteten Bildteile werden im Anschluss durch vorsichtiges Spülen mit klarem Wasser ausgewaschen. Dieses Wässern sollte mindestens 5-10 Minuten dauern, um den restlichen gelben Farbstoff auszuwaschen. Ansonsten verfärbt sich das Bild später gelb. Beim anschließenden Trocknen oxidiert die Cyanotypie bei Kontakt mit Sauerstoff und bildet ein kräftiges Blau. Durch ein zusätzliches Bad in verdünntem Wasserstoffperoxid
kann dieser Prozess verstärkt und beschleunigt werden. 4-5 Stunden an frischer Luft haben aber auch denselben Effekt.

Drei Cyanotypien von verschiedenen Pflanzen

Lagerung

Die fertige Cyanotypie ist weiterhin lichtempfindlich. Starkes UV-Licht lässt Sie nach und nach immer heller werden bis das gesamte Papier komplett weiß ist. Bei Dunkelheit und unter Sauerstoffzufuhr wird das Bild aber wieder sichtbar. Meistens wird die Bestrahlung durch das natürliche Sonnenlicht über Nacht wieder ausgeglichen, sodass das Bild am frühen Nachmittag maximal etwas heller erscheint als am nächsten Morgen.

 

Eine Cyanotypie einer Kurzhaarkatze

Über den Autor

Ich bin Florian, 30 Jahre alt und lebe und arbeite in Halle an der Saale.

Während meiner Ausbildung gelang ich das erste Mal in eine Dunkelkammer. Seit diesem Tag beschäftige ich mich ausführlich mit der analogen Fotografie.